Mit dem Boom der Online-Plattformen, über die man sich Essen nach Hause liefern lassen kann, stieg auch die Anzahl der Fahrradzusteller. Aber auch Paketdienste setzen in letzter Zeit immer mehr auf das Fahrrad als umweltfreundliche Alternative im städtischen Raum. Lange Zeit wurde in Österreich über die rechtliche Einordnung von Fahrradzustellern bei diversen Online-Plattformen diskutiert. Die meisten dieser Fahrradzusteller sind als Werkunternehmer und somit als Selbständige oder als freie Dienstnehmer unterwegs. Dabei müssen sie die Betriebsmittel, wie etwa das Fahrrad oder ein Smartphone, auf eigene Kosten stellen. Zudem gab es bisher keinen eigenen Kollektivvertrag für diese neue Form der Beschäftigung.

 

Müssen digitale Plattformen den Fahrradzusteller-Kollektivvertrag anwenden?

Der Kollektivvertrag für Fahrradzusteller ist ein signifikanter Schritt zur arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung der Fahrradboten. Denn zwischen den Restaurants und den Fahrradzustellern ist üblicherweise eine digitale Plattform. Es stellt sich daher die Frage, ob die Plattformen den Kollektivvertrag anwenden müssen oder ob sie lediglich als Vermittler zwischen Restaurant und Fahrradzusteller auftreten und somit eine große Anzahl der Fahrradzusteller weiterhin als Selbstständige beschäftigt sein wird. Wird ein Arbeitnehmer fälschlicherweise als Selbstständiger/Werkunternehmer und nicht richtigerweise als echter Dienstnehmer unter Vertrag genommen, so drohen bei einer GPLA (gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben) hohe Nachzahlungen für jeden falsch eingestuften Dienstnehmer.

 

Welche Verbesserungen bringt der Kollektivvertrag für Fahrradzusteller?

Nach längerer Verhandlungsphase haben sich die WKO und die Gewerkschaft nun auf einen eigenen Kollektivvertrag für angestellte Fahrradboten und Essenszusteller ab 1.1.2020 geeinigt. Das Besondere daran ist, dass er nicht nur in Österreich der erste seiner Art ist, sondern sogar weltweit. Vor allem finanziell profitiert diese Berufsgruppe nun vom künftigen Kollektivvertrag. So soll es ein Mindestgehalt von EUR 1.506,00 brutto pro Monat und Weihnachtsremuneration und Urlaubszuschuss geben, also das sogenannte 13. und 14. Gehalt. Entgegen weitläufiger Meinung besteht nämlich kein gesetzlicher Anspruch auf ein 13. und 14. Gehalt, sondern sind diese nur in Kollektivverträgen geregelt.

Neu wird auch sein: Soll der Fahrradzusteller weiterhin das eigene Fahrrad und Smartphone für die Erbringung der Dienstleistung verwenden, so sieht der Kollektivvertrag sogar eine sogenannte Equipment-Pauschale von 14 Cent pro gefahrenem Kilometer für deren Verwendung vor. Wirtschaftlich wäre somit auch die Überlegung mit einzubeziehen, ob es finanziell günstiger wäre, solches Equipment als Arbeitgeber selbst zu kaufen oder zu leasen bzw. mieten – dies aber wahrscheinlich erst ab einer gewissen Anzahl an solchen Arbeitnehmern. Zudem wird im neuen Kollektivvertrag eine 40-Wochen Stunde geregelt sein mit Option auf eine Vier-Tages-Woche.

Es bleibt abzuwarten, ob die Zahl der selbstständigen Essenzulieferer sinken und die der angestellten Zusteller steigen wird. Denn eines ist sicher: Auch wenn es den weltweit ersten Kollektivvertrag dieser Art geben wird, so gilt er nur für echte Arbeitnehmer und nicht für Selbstständige.

 

Autor: RA Mag. Lukas Disaró