Videoüberwachung zählt seit jeher zu den kontroversesten Themen des Datenschutzrechts, deren (Un-)Zulässigkeit vom österreichischen Gesetzgeber gesondert in § 12 DSG (Zulässigkeit der Bildaufnahme) und § 13 DSG (Besondere Datensicherheitsmaßnahmen und Kennzeichnung) geregelt ist.

Mit Erkenntnis vom 25.11.2019 zu GZ: W211 2210458-1 hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) als Rechtsmittelgericht über die Entscheidung der Datenschutzbehörde (DSB) zu urteilen, die eine Videoaufnahme (auch) in öffentliche Bereiche und die zulässige Dauer der Speicherung der entsprechenden Videoaufnahmen nach §§ 12 und 13 DSG für unzulässig erklärte. Das BVwG teilte in seiner Entscheidung zwar das letztliche Ergebnis der DSB (Unzulässigkeit von Videoaufnahmen in öffentliche Bereichen), machte aber erneut deutlich, dass die Bestimmungen des DSG – und damit auch die für Videoüberwachungen einschlägigen §§ 12 und 13 DSG – aufgrund fehlender Öffnungsklauseln in der DS-GVO nicht anwendbar sind. Die Frage der Zulässigkeit ist demnach ausschließlich nach den gegenüber dem DSG unbestimmteren Kriterien der DS-GVO zu beurteilen. Ein bestätigendes Urteil des VwGH in dieser Causa steht zwar noch aus, aufgrund der identen höchstgerichtlichen Spruchpraxis in Deutschland ist aber davon auszugehen, dass diese Beurteilung auch vom österreichischen Höchstgericht geteilt werden wird.

Was bedeutet dies für die Praxis? Nach der DSGVO ist – im Gegensatz zum DSG – zwischen „gewöhnlichen“ personenbezogenen Daten und besonderen Kategorien personenbezogener Daten (ehemals „sensible Daten“) als Datenkategorie zu unterscheiden. Je nach Datenkategorie der Videoüberwachung unterscheiden sich nun die möglichen Rechtfertigungsgründe.

Für „gewöhnliche“ personenbezogene Daten werden die bisherigen Rechtfertigungsgründe nach dem DSG für Videoüberwachungen (Einwilligung, berechtigtes Interesse) durch die DS-GVO vor allem um den Rechtfertigungsgrund der „Erfüllung eines Vertrages“ erweitert. Im Gegenzug dazu entfällt der – in der bisherigen Spruchpraxis nach dem DSG äußerst relevante – Rechtfertigungsgrund des „berechtigten Interesses“ bei Vorliegen sensibler Daten.

§ 13 DSG enthält darüber hinaus konkrete Anordnungen für die zulässige Speicherdauer (72 Stunden, darüber muss gesondert begründet werden), die infolge dieses Urteiles nicht mehr (unmittelbar) anwendbar sind, ebenso die Regelungen zur Kennzeichnungspflicht von Videoanlagen. Diese werden durch die allgemeine(re)n Grundsätze der Datenminimierung und durch die Informationspflicht nach Art 13 DS-GVO ersetzt. Die mangelnde Bestimmtheit dieser Begriffe der DS-GVO – im Gegensatz zu der klaren Anordnung des DSG – birgt eine Rechtsunsicherheit in sich, sofern diese Begriffe abweichend von der bisherigen gesetzlichen Regelung ausgelegt werden.

Dieser radikale Paradigmenwechsel wird sicherlich neue Argumentationsmöglichkeiten für die Zulässigkeit von Videoüberwachungen und die Dauer der Speicherung von Videodaten eröffnen. Es ist noch nicht abschätzbar, ob sich die Gerichte bei der Auslegung der unbestimmteren Begriffe der DS-GVO an die Regelungen der §§ 12 und 13 DSG und die dazu ergangene Spruchpraxis anlehnen werden, oder ob sie bei der Auslegung der Begriffe der DS-GVO neue Wege einschlagen. 

 

Experten:

Mag. Gerhard Schedlbauer, Rechtsanwalt der ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH, Wien und Graz

Mag. Thomas Schwab, Rechtsanwaltsanwärter der ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH, Wien und Graz

 

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