Neben der allgemeinen Amtsfreistellung haben Betriebsrats-Mitglieder in gewissem Umfang Anspruch auf Bildungsfreistellung. Diese ist mit drei Wochen pro Funktionsperiode und Mitglied begrenzt. Bei Vorliegen eines Interesses an einer besonderen Ausbildung kann der Anspruch in Ausnahmefällen auf fünf Wochen ansteigen. Dieses Recht muss nicht zusammenhängend konsumiert werden, sondern kann durchaus aufgeteilt werden.

Das Recht auf Bildungsfreistellung steht jedem Betriebsrats-Mitglied für sich genommen zu. Selbst wenn ein anderes Mitglied dauerhaft freigestellt ist, ändert dies nichts daran, dass die anderen Betriebsrats-Mitglieder von einer Bildungsfreistellung Gebrauch machen können. Wenn alle Betriebsrats-Mitglieder gleichzeitig auf Schulung gehen wollen, kann der Betriebsinhaber jedoch unter Verweis auf betriebliche Erfordernisse dagegen Einspruch erheben.

Die Bildungsfreistellung für Betriebsräte dient zum Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die für die Ausübung der Betriebsrats-Funktion notwendig sind. Das Gesetz spricht von „vornehmlich“, sodass die Veranstaltungen in untergeordnetem Ausmaß auch anderen Zwecken dienen können.
Eine Bildungsfreistellung ist dann gerechtfertigt, wenn die Inhalte in Schulungs- und Bildungsveranstaltungen vorgetragen werden, die von kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber selbst angeboten oder von diesen übereinstimmend als geeignet anerkannt werden. Eine Überprüfung der Eignung durch den Betriebsinhaber ist nicht vorgesehen.

 

Inanspruchnahme einer Bildungsfreistellung

Für die Inanspruchnahme einer Bildungsfreistellung bedarf es eines schriftlichen Antrags des Betriebsrats-Mitglieds an den Betriebsrat, aus dem Art, Gegenstand, Beginn und Dauer der Schulungs- und Bildungsveranstaltung ersichtlich sind. Eine Kopie ist an den Betriebsinhaber zu übersenden. Sollte die Erfüllung der Kriterien nicht offensichtlich sein, wäre eine Eignungsbestätigung der kollektivvertragsfähigen Körperschaften von Arbeitgeber und Arbeitnehmer anzuschließen. Der Betriebsrat hat über den Antrag einen Beschluss zu fassen. Danach hat der Betriebsrat den Betriebsinhaber unverzüglich, jedoch spätestens vier Wochen vor dem beabsichtigten Beginn der Veranstaltung in Kenntnis zu setzen. Der Zeitpunkt der Freistellung bedarf einer Beratung zwischen Betriebsrat und Betriebsinhaber, die binnen 10 Tagen ab Erhalt der Verständigung stattzufinden hat.

Nicht behandelt wurde bislang die Frage, wie vorzugehen ist, wenn die Bildungsfreistellung lange Zeit im Voraus beantragt und vom Betriebsinhaber auch abgesegnet wird, dann allerdings kurzfristig vor der Veranstaltung zwingende betriebliche Gründe (z.B. Ausscheiden einiger Arbeitnehmer aus der Abteilung, das zu gravierender Unterbesetzung führt) auftreten, die gegen die Teilnahme sprechen. Ob eine Parallele zum Urlaubsrecht und den dort für dringende betriebliche Gründe infrage kommenden Rücktritt gezogen werden kann, ist ungeklärt.

Die BRGO (Betriebsrats-Geschäftsordnung) trifft Vorsorge für Fälle, in denen der Betriebsrat und das betroffene Betriebsrats-Mitglied sich über die Bildungsfreistellung nicht einig sind. In Summe soll es dem Betriebsrats-Mitglied offenstehen, seinen Anspruch notfalls selbst durchzusetzen.

Entgeltfortzahlung gebührt für die Bildungsfreistellung nur dann, wenn im Betrieb dauernd zumindest 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Damit sollen kleine Betriebe entlastet werden.

Das Gesetz kennt darüber hinaus eine erweiterte Bildungsfreistellung in Betrieben mit mehr als 200 Arbeitnehmern. Hier kann auf Antrag des Betriebsrats ein weiteres Betriebsrats-Mitglied für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen bis zum Höchstausmaß eines Jahres gegen Entfall des Entgelts freigestellt werden. Der Anspruch auf sonstige, insbesondere einmalige Bezüge iSd § 67 Abs 1 EStG bleibt aliquot erhalten. Damit sind Sonderzahlungen gemeint, aber auch variable Entgeltbestandteile, die einmalig ausbezahlt werden. Das Urlaubsausmaß wird in solchen Kalenderjahren nicht gekürzt, wohl aber das Urlaubsentgelt, das nur mehr aliquot zusteht.
Die Zeit der erweiterten Bildungsfreistellung ist auf die Dauer der Dienstzeit für von der Dienstzeit abhängige Ansprüche anzurechnen.

 

Autoren: Dr. Melanie Haberer/ WEKA Redaktion

 

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