In modernen Organisationen mit flachen Hierarchien und flexiblen Projektteams greifen klassische Leadership-Modelle mit den Rollenbildern Vorgesetzte(r) und MitarbeiterIn oft nicht mehr. In vielen Fällen sind es FachexpertInnen und ProjektleiterInnen ohne disziplinarische Führungsfunktion, die ein Team zum Erfolg führen sollen. Wie lebt man eine solche Führungsrolle klar und erfolgreich und wie geht man mit damit verbundener Unsicherheit konstruktiv um?

Wenn sich ein Leader nicht auf die disziplinarischen Durchsetzungsmöglichkeiten einer traditionellen Vorgesetztenrolle verlassen kann, sind persönliche Faktoren umso wichtiger. Viel ist in diesem Zusammenhang über „Führungspersönlichkeiten“ geschrieben worden, die quasi durch ihr Charisma eine magische Wirkung ausstrahlen. Und es mag durchaus sein, dass manche Menschen über Charaktereigenschaften verfügen, die auf andere begeisternd wirken können. Führung ist jedoch ein simples Handwerk und kann als solches erlernt werden.

In meiner Rolle als Coach bin ich auch oft mit der Frage von Führungskräften konfrontiert, wie „nett oder streng“ man denn zu den KollegInnen sein solle, um den Anforderungen effektiven Leaderships gerecht zu werden. Damit verbunden ist ein Menschenbild, das auf Ideen von Kontrolle und Überwachung beruht, um andere zu Leistungen zu befähigen.

Ich bin jedoch der Meinung, dass ein intrinsisches Bedürfnis nach Sinn und Selbstverwirklichung in jedem Menschen angelegt ist. Es geht daher nicht darum, Menschen anzuleiten, zu kontrollieren und von außen zu „motivieren“. Das Ziel sollte vielmehr sein, mit größtmöglicher Klarheit zu kommunizieren. Wenn Teammitglieder und Führungskräfte ein gemeinsames Verständnis ihrer Werte, der anstehenden Aufgaben und der zu erreichenden Ziele haben, dann ist die Basis für eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit gelegt. Dieses Verständnis immer wieder neu herzustellen, ist der einzige Kern einer Führungsaufgabe. Und dazu gehören vor allem simple Kommunikationstechniken, die man sich aneignet:

  • Selbst-Management: „Erkenne dich selbst“ als Basis für die immer wiederkehrende Reflexion eigenen Denken und Handelns.
  • Aktives Zuhören: Die wichtigste Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis und Klarheit in Gesprächen.
  • Selbst-Offenbarung: Sich als Leader auch persönlich zu zeigen bildet eine wichtige Grundlage für Vertrauen.
  • Feedback und Kritikgespräche: Regelmäßige Rückmeldungen schaffen einen gemeinsamen Blick auf Probleme und Lösungen.
  • Modelle zur Konfliktlösung: Eine direkte Ansprache und ein empathischer Blick auf Unstimmigkeiten als Fundament für nachhaltige Klärungen.

Jeder Mensch, der diese Fähigkeiten besitzt, kann als Leader wirken – und dann ist es nicht mehr von Bedeutung, ob jemand den offiziellen Titel „Vorgesetzte(r)“ trägt oder in einer Netzwerkorganisation als ProjektleiterIn oder SpezialistIn ihre/seine Rolle ausfüllt.

 

Autor: Hans Christian Jurceka, www.wienercoaching.at