Telearbeit ist die regelmäßige Verrichtung von Arbeit außerhalb der betrieblichen Räumlichkeiten des Arbeitsgebers („AG“) unter Verwendung von Informationstechnologien (wie Internet, Mobiltelefon, Tablets etc). Heutzutage sind flexible Arbeitszeitmodelle wie Mobileworking, Gleitzeit oder 4-Tage-Woche aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Die Vereinbarung von Telearbeit, auch unter dem Schlagwort „Homeoffice“ bekannt, erfreute sich schon zuletzt, also vor der aktuellen Corona-Krise sowohl auf AG- als auch auf Arbeitnehmerseite zunehmender Beliebtheit. Es stellen sich gerade aktuell eine Vielzahl von Fragen, ob Telearbeit in Zeiten von Corona einseitig angeordnet werden kann oder auch welche Punkte sinnvollerweise in eine Telearbeitsvereinbarung aufgenommen werden sollten. Der AG besteht auf Anwesenheit im Büro, obwohl Homeoffice möglich wäre. Darf er das? Diese und andere Fragen werden in diesem Blogbeitrag behandelt.

 

Rechtsgrundlagen

Telearbeit ist in Österreich - mit der Ausnahme im Vertragsbedienstetengesetz (§ 5c VBG) und Finanzprokuraturgesetz (§20 ProkG) – nicht gesetzlich geregelt. In einigen Kollektivverträgen findet man Regelungen zur Telearbeit bzw explizite Vorgaben zur Festhaltung gewisser Regelungspunkte wie Arbeitsstätte, Arbeitszeit, Haftungsregelungen etc. Dem AG ist daher vor Erstellung einer Telearbeitsvereinbarung zu empfehlen, einen Blick in den anzuwendenden Kollektivvertrag zu werfen.

 

Rechtsanspruch auf Homeoffice?

Zudem haben weder Arbeitnehmer („AN“) noch AG einen Rechtsanspruch auf den Abschluss einer Vereinbarung über Telearbeit.

 

Darf der Chef den AN ins Büro „zwingen“?

Ein Recht auf Homeoffice wegen Angst vor Ansteckung gibt es auch in Zeiten von Corona nicht, vor allem wenn der AG ausreichend sichere Arbeitsplätze zur Verfügung stellt. Dazu gehört beispielsweise, dass ein ausreichender Sicherheitsabstand gewährleistet ist und entsprechende Hygienevorgaben beachtet werden. Gibt es also nicht bereits eine Homeoffice-Vereinbarung, wird es jetzt für AN schwierig, das Arbeiten von zu Hause durchzusetzen.

Es gilt also aus AN-Sicht im Zweifel besser am Arbeitsplatz zu erscheinen. Weigert sich der AN zur Arbeit zu kommen, könnten arbeitsrechtliche Sanktionen von Abmahnung bis zur fristlosen Entlassung drohen. Die Frage, ob im konkreten Fall ein Recht auf Homeoffice bestanden hat, müsste dann einzelfallbezogen in der Folge unter Umständen gerichtlich abgeklärt werden.

 

Können AG ihre Mitarbeiter ins Homeoffice schicken?

Die Begründung von Telearbeit bedarf grundsätzlich immer einer Vereinbarung zwischen AG und AN, unabhängig davon, ob Telearbeit bei Beginn des Arbeitsverhältnisses oder erst während dessen vereinbart werden soll. Das gilt auch dann, wenn AG ihre Mitarbeiter in Zeiten von Corona ins Homeoffice schicken möchten, um so den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Selbst in Zeiten von Corona gilt, dass AG Telearbeit grundsätzlich nicht einseitig anordnen können, es steht den Unternehmen jedoch – wie bisher – frei, mit Mitarbeitern Homeoffice zu vereinbaren.

Eine Anordnung von Homeoffice durch den AG ist jedoch dann möglich, wenn eine diesbezügliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag bereits enthalten ist oder sich darin eine sogenannte Versetzungsklausel findet, wonach man einseitig an einen anderen als den ursprünglich vereinbarten Arbeitsort versetzt werden kann. Zudem kommt unter Umständen auch eine einseitige Weisung des AG in Betracht, dass der AN vorrübergehend von zu Hause zu arbeiten hat, ohne dass dies mit einer generellen Telearbeitsvereinbarung gleichzusetzen ist, wenn es beispielsweise einen Corona-Verdachtsfall im Unternehmen geben sollte. Zu beachten ist, dass AG die allenfalls anfallenden Kosten (z.B. für Internet, Handy) zu übernehmen haben. Befindet sich ein Mitarbeiter in häuslicher Quarantäne, ohne krank zu sein, kann auch während der Quarantäne Teleworking vereinbart werden. Es sollten auch aktuell entsprechende Einzelvereinbarungen mit den AN abgeschlossen und in diesen ein einseitiges Widerrufsrecht des AG vereinbart werden, dass den AG in die Lage versetzt, die Telearbeit nach Ende der Krise wieder zu beenden. Ist ein Betriebsrat eingerichtet, könnte eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, in der die Rahmen- und Vergütungsbedingungen für eine außerbetriebliche Arbeitsstätte in der Wohnung von Mitarbeitern festgelegt werden.  

 

Telearbeit, alternierende Telearbeit und Heimarbeit; was ist was?

Die zwei häufigsten Formen der Telearbeit sind (i) die Telearbeit von der Privatwohnung aus oder (ii) die alternierende Telearbeit, bei welcher ein Teil der Arbeitsleistung in der Arbeitsstätte und der andere Teil in der Privatwohnung erbracht wird. Zu beachten ist, dass Telearbeit nicht mit der Heimarbeit iSd Heimarbeitsgesetzes verwechselt werden darf. Denn unter „Heimarbeit“ ist die Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Verpackung von Waren im Auftrag und für Rechnung eines anderen in der eigenen Wohnung zu verstehen.

 

Telearbeit und Arbeitszeit

Telearbeit ist vom Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes („AZG“) sowie des Arbeitsruhegesetzes („ARG“) nicht ausgenommen, weswegen diese Gesetze uneingeschränkt anwendbar sind. Dem AG ist zu empfehlen, sowohl die tägliche als auch die wöchentliche Normalarbeitszeit sowie die Lage der Normalarbeitszeit festzulegen. Ferner sollte vereinbart werden, dass der AN für den AG zu den üblichen Bürostunden via Mail und Telefon erreichbar ist. Zudem ist es möglich, Regelungen zur Mehr- und Überstundenarbeit vorzunehmen. Bei alternierender Telearbeit sollte explizit geregelt werden, zu welchen Arbeitszeiten der AN am Arbeitsplatz im Betrieb bzw. in seiner Wohnung seine Leistung erbringen sollte. Dem AG steht es auch in Bezug auf Telearbeitnehmer frei, eine Gleitzeitvereinbarung abzuschließen, in welcher jedenfalls (i) die Dauer der Gleitzeitperiode, (ii) der Gleitzeitrahmen, (iii) das Höchstausmaß allfälliger Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächste Gleitzeitperiode sowie (iv) die Dauer und Lage der fiktiven Normalarbeitszeit zu regeln sind. Im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung sollte zudem eine Kernzeit festgelegt werden.

 

Arbeitszeitaufzeichnungen

Der AG ist nach dem AZG zur Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen verpflichtet. Für Telearbeitnehmer gelten erleichterte Vorschriften. Aufzeichnungen sind nur hinsichtlich der Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen (§ 26 Abs 3 AZG). Der AG kann die Aufzeichnungspflicht zwar durch eine Vereinbarung auf die AN überwälzen, er hat den Telearbeitnehmer aber (i) zur ordnungsgemäßen Führung der Aufzeichnungen anzuleiten, (ii) muss sich die Aufzeichnungen regelmäßig aushändigen lassen und (iii) auch kontrollieren (§ 26 Abs 4 AZG). Daher sollte in der Vereinbarung festgelegt werden, (i) wer für die Aufzeichnung der Arbeitszeit verantwortlich ist, (ii) auf welche Art die Aufzeichnung zu erfolgen hat und (iii) zu welchen Zeitpunkten die Aufzeichnungen an den AG auszuhändigen sind.

 

Arbeitstort und Tätigkeit

Ist Telearbeit vereinbart, ist als Arbeitsort an sich die Anschrift des AN anzugeben. Bei alternierender Telearbeit ist darauf zu achten, sowohl den Arbeitsplatz in der Betriebsstätte als auch die Privatadresse des AN als Arbeitstort anzuführen (vgl. zu den Auswirkungen und Folgen unten). Zudem empfiehlt sich bei alternierender Telearbeit eine Regelung darüber, welche Tätigkeiten der AN an welchen Tagen im Rahmen der Telearbeit bei sich zu Hause bzw. im Betrieb zu erbringen hat.

 

Ausstattung und Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und die Frage, ob AG die Arbeitsmittel für das Homeoffice zur Verfügung stellen müssen?

Hinsichtlich der Ausstattung und Ausgestaltung des Arbeitsplatzes sollte festgelegt werden, wer die notwendigen Arbeitsmittel bzw. die „Ausrüstung“ des Telearbeitsplatzes zur Verfügung stellt. Der AG muss die Arbeitsmittel grundsätzlich nicht zur Verfügung stellen, er ist aber in den meisten Fällen gut beraten, dies zu tun, schon damit es einheitliche Standards gibt. Wird mit privaten Geräten gearbeitet, erfüllen diese oftmals nicht die technischen Sicherheitsstandards wie Betriebsmittel. Stellt der AG die Arbeitsmittel zur Verfügung, sollten dann auch die entsprechenden Zugänge eingerichtet und vor allem auch nötige Softwarelizenzen bereitgestellt werden. Vor allem Letzteres, kann sich als unterschätzter Kostenfaktor erweisen.

Bei Benutzung von Betriebsmitteln des AG hat der AN diese mit entsprechender Sorgfalt zu behandeln, was ebenfalls geregelt werden sollte. Darüber hinaus sollte auch eine Regelung darüber erfolgen, ob der AN Betriebsmittel des AG auch privat nutzen darf und in welchem Umfang die Nutzung gegebenenfalls gestattet ist.

Was die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes betrifft, so sind die maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes („ASchG“) hinsichtlich Bildschirmarbeitsplätzen sowie die Bildschirmarbeitsverordnung voll anwendbar. In diesem Zusammenhang ist es aus AG-Sicht als heikel zu qualifizieren, dass AG keinen Zutritt zum Homeoffice Arbeitsplatz des AN haben, wenn sich dieser in der privaten Wohnung oder im privaten Haus befindet. AG sind aber dennoch für die Ergonomie der Hardware und sonstigen „Ausrüstung“ (wie Monitore oder Tastaturen, PC, Bildschirm, Telefon, Fax, Schreibtisch, Stuhl etc.) verantwortlich, wenn sie diese zur Verfügung stellen. AG bleiben dafür verantwortlich, dass das Equipment dem Stand der Technik und den ergonomischen Anforderungen entspricht. Weiters ist der AG zur Wartung bereitgestellter Arbeitsmittel verpflichtet.

 

Fahrt in die Betriebsstätte als Arbeitszeit?

Ob die Wegzeit zwischen Wohnung und Arbeitsplatz im Betrieb als Arbeitszeit zu qualifizieren ist, hängt davon ab, ob der Telearbeitnehmer seine Arbeitsleistung ausschließlich von der Privatwohnung aus leistet oder alternierende Telearbeit vereinbart ist. Wird der AN nur vom Homeoffice aus tätig, ist die Wohnadresse damit Arbeitsort. Wird der AN vom AG aufgrund eines Meetings in den Betrieb gerufen, dann ist die Wegzeit als Arbeitszeit einzustufen. Bei alternierender Telearbeit sind hingegen zwei Arbeitsorte festgelegt, weswegen die Fahrtzeit zwischen Privatwohnung und Betriebsarbeitsplatz grundsätzlich nicht als Arbeitszeit zu qualifizieren ist. Wird der AN bei alternierender Telearbeit allerdings an jenen Tagen, an den er vereinbarungsgemäß im Homeoffice tätig ist, vom AG in den Betrieb gerufen, gilt die Fahrtzeit wiederum als Arbeitszeit.

 

Datensicherheit

Der AG hat auch bei Vereinbarung von Telearbeit sicherzustellen, dass die datenschutzrechtlich relevanten Bestimmungen durch den Telearbeitnehmer in seiner Privatwohnung eingehalten werden. Meist wird zwischen AG und AN vereinbart, dass der AN die ihm zukommenden Informationen verschlüsselt oder mit entsprechenden Passwörtern schützen und Passwörter in bestimmten Zeitabständen aktualisieren und vor Zugriff Dritter (wozu auch Familienmitglieder, Lebensgefährten etc. zählen) schützen muss. Ausdrucke sollten keinesfalls im Altpapier landen. In Telearbeitsvereinbarungen ist daher eine entsprechende Datenschutzklausel aufzunehmen.

Es sollte geregelt werden, (i) welche Unterlagen das Unternehmen überhaupt verlassen dürfen und (ii) wie sichergestellt ist, dass die Dokumente nicht verloren gehen oder von Dritten eingesehen werden. Ferner empfiehlt sich die Aufnahme einer Regelung darüber, ob der Datentransfer gesichert und verschlüsselt erfolgt oder nicht und wie das Löschen von Daten von betrieblich genutzten Endgeräten erfolgt bzw. sichergestellt wird.

 

Wer haftet, wenn sich der AN im privaten Netzwerk Schadsoftware "einfangt"?

Hat der Telearbeitnehmer während seiner Leistungserbringung das zur Verfügung gestellte Eigentum des AG beschädigt, so kommt das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz („DHG“) zur Anwendung. Unter gewissen Voraussetzungen wird der AN gemäß DHG teilweise oder gänzlich von der Haftung befreit.

 

Arbeitsunfälle im Homeoffice

Bei der Ausgestaltung der Telearbeitsvereinbarung sollt auch an steuer- bzw. sozialversicherungsrechtliche Themen (Stichwort Arbeitsunfall im Homeoffice) gedacht werden. Denn für Arbeitsunfälle im Homeoffice gibt es keine eigene gesetzliche Regelung.

 

Wer hat für welche Kosten aufzukommen?

Der AG hat dem AN die durch die Leistungserbringung verursachten Kosten gemäß § 1014 ABGB (Strom, Internet etc.) zu erstatten. Als Grundlage für die Berechnung sollte eine Kostenauflistung erfolgen und zudem vereinbart werden, in welcher Höhe Kosten durch den AG ersetzt oder ob diese mit einem Pauschalbeitrag abgegolten werden. Freilich können Kosten auch in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen nach Vorlage entsprechender Belege ersetzt werden.

 

Fazit

Um nach der aktuellen Corona-Krise nicht gleich in die nächste Krise zu schlittern, sind AG insbesondere in Zeiten wie diesen gut beraten, beim Aufsetzen von Telearbeitsvereinbarungen professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

 

Autoren: RA Dr Natalie Hahn / RAA Mag Lisa Hittinger

 

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