Das Führen von Teams stellt oft eine Herausforderung dar, besonders wenn es auf eine Führung ohne Vorgesetztenfunktion ankommt. Um zu wissen, welche Führungsaufgaben in bestimmten Situationen notwendig sind, ist es hilfreich, die Merkmale der einzelnen Teamentwicklungsphasen zu kennen.

 

Teamentwicklung nach Tuckman

Der Psychologe Bruce Tuckman definierte bereits 1965 ein Phasen-Modell, das den Entwicklungsprozess eines Teams beschreibt. Es ist wichtig, jeder Phase ausreichend Raum und Zeit zu geben, selbst wenn der Prozess mehrmals durchlaufen werden muss. Dies kann vor allem bei Veränderungen der Fall sein: Wenn sich zum Beispiel die Arbeitsaufgabe ändert, das Ziel neu definiert wird, ein neues Teammitglied dazukommt oder aber auch eines ausscheidet.

Um eine erfolgreiche Arbeit des Teams zu ermöglichen, erfordert jede Phase unterschiedliche Maßnahmen seitens der Führungskraft.

 

Teamentwicklungsphasen und Führungsaufgaben

 

1. Phase: Forming – Orientierungsphase

In der ersten Teamentwicklungsphase steht das Kennenlernen der einzelnen Mitglieder im Vordergrund. Es herrscht ein höflicher und vorsichtiger Umgang miteinander. In dieser Forming-Phase werden die Rahmenbedingungen des Teams geschaffen. Die Aufgaben müssen klar vermittelt und erklärt werden, denn erst, wenn jedes Mitglied das Ziel verstanden hat, kann überhaupt ein gemeinsames Ziel existieren. In der von Unsicherheit geprägten Orientierungsphase ist das Team noch besonders stark von der Leitung abhängig.

Führungsaufgaben:

  • Rolle der Ansprech- und Vertrauensperson einnehmen
  • Team willkommen heißen und jedes Mitglied vorstellen lassen
  • Arbeitsauftrag und Ziele klar definieren

 

2. Phase: Storming – Konfliktphase

Die nächste Phase im Teamentwicklungsprozess ist von negativen Gefühlen und Auseinandersetzungen geprägt, die teils auch stürmisch verlaufen können (im schlimmsten Fall kann respektloses und verletzendes Verhalten an den Tag treten). Der Arbeitsauftrag und die Ziele werden infrage gestellt, mögliche Umsetzungsschwierigkeiten treten in den Vordergrund und die Komplexität übertrumpft das eigentliche Ziel. Zudem prallen unterschiedliche Vorstellungen aufeinander und alle versuchen, die persönlichen Interessen durchzusetzen. Das Durchlaufen der Storming-Phase ist für die Teambildung allerdings notwendig, denn wird diese unterbunden, können unterdrückte Konflikte und Gefühle den weiteren Arbeitsprozess erheblich stören und unterbrechen.

Führungsaufgaben:

  • Vermittelnde und (streit-)schlichtende Rolle einnehmen
  • Unterstützend eingreifen, aber nicht Partei ergreifen
  • Fokus wieder auf das gemeinsame Ziel lenken
  • An respektvollen Umgang erinnern 
  • Bei Bedarf: Konfliktmanagement und Konfliktlösung

 

3. Phase: Norming – Organisierungsphase

In der Organisierungsphase sind bereits alle Rollen und Aufgaben der Teammitglieder deutlich. Es wird akzeptiert, dass unterschiedliche Talente und Stärken nützlich für den gemeinsamen Erfolg sind. Etwaige Konflikte können durch konstruktive Diskussionen und offener Kommunikation selbst gelöst werden. Der Teamgeist wurde etabliert und die gemeinsame Aufgabe steht nun im Mittelpunkt. 
In der Norming-Phase werden Regelungen und Normen festgelegt, im Idealfall auch schriftlich festgehalten, die im weiteren Arbeitsprozess eine Orientierung bieten. 
Diese Regelungen können zum einen organisatorischen Ursprungs sein: Was ist der Zeitplan? Welches Teammitglied übernimmt welche Aufgaben? Wie sind die Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb des Teams aufgeteilt? 
Zum anderen können auch soziale Rahmenbedingungen vereinbart werden: Welche Kommunikationsregeln gibt es? Wie gehen wir miteinander um?

Führungsaufgaben:

  • Aktives Management zurücknehmen
  • Verantwortung an das Team übergeben
  • Bei Bedarf: Unterstützung anbieten

 

4. Phase: Performing – Leistungsphase

Die Performing-Phase stellt die intensivste Arbeitsphase dar, die von einer hohen Motivation und Effizienz geprägt ist. Das Team arbeitet zielorientiert und selbstständig an der Aufgabe oder dem Projekt. In diesem Abschnitt des Entwicklungsprozesses wird das vorhandene Potenzial mit Höchstleistung ausgeschöpft.

Führungsaufgaben:

  • Ungehindertes Arbeiten des Teams gewährleisten (durch zeitliche, materielle und finanzielle Ressourcen)
  • Keine Anweisungen mehr geben, da sonst die Eigenständigkeit des Teams gefährdet wird
  • Auf Leistung achten und kontrollieren

 

5. Phase: Adjourning – Auflösungsphase

In der letzten Entwicklungsphase, auch Adjourning genannt, schließt das Team die Aufgabe oder das Projekt ab. In manchen Fällen wird das Team zur Gänze aufgelöst, wenn dieses zum Beispiel lediglich für ein bestimmtes Projekt zusammengestellt wurde. Dabei kann der Umgang mit dem Abschied unterschiedlich ausfallen: Einige werden trauern, während andere sich bereits auf neue Aufgaben freuen.

Führungsaufgaben:

  • Abschluss planen und erreichtes Ziel feiern
  • Lob aussprechen und Leistung würdigen
  • Auswertung und Dokumentation

 

Autorin: Sandra Jakimovska MA

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