Das Servicecenter soll in ein neues Büro übersiedeln und die Teamleiterin überbringt ihren fünfzehn Mitarbeiterinnen freudig die vielen guten Nachrichten: eine helleres Büro, kein Verkehrslärm und neue Möbel. Sie möchte den Mitarbeiterinnen eine Möglichkeit zur Mitbestimmung geben und überlässt ihnen daher die Aufgabe, eine neue Sitzordnung zu erstellen. Nach einer Woche herrscht offener Streit um die Sitzverteilung. Was ist passiert?

 

Zwei Möglichkeiten für einen schweren Fehler

Das Problem ist komplexer, als es scheint, und überfordert die Mitarbeiterinnen. Manche möchten, dass nach Sympathie entschieden wird, andere meinen, die Fleißigsten sollen die Wahl haben. Für die Älteren ist es klar, dass sie Anrecht auf die besten Plätze haben. Die Mitarbeiterinnen, die die meisten Stunden im Büro verbringen, wollen einen Fensterplatz. Die Lösung dieses Problems den Mitarbeiterinnen zu überlassen, ist also eine von zwei Möglichkeiten, einen möglicherweise schweren Fehler zu begehen.

Die andere Möglichkeit besteht darin, genau ins andere Extrem zu verfallen und ohne Gespräche alleine zu entscheiden. Die Teamleiterin kann schließlich all die unterschiedlichen Bedürfnisse und Umstände gar nicht bedenken. Es kann daher sein, dass die Arbeitsabläufe stocken und die Mitarbeiterinnen mit der getroffenen Lösung unzufrieden sind.

 

Konfliktmoderation: In 7 Schritten zu einer neuen Sitzordnung

Wie kann die Teamleiterin eine neue Sitzordnung erstellen, die langfristig eine produktive Zusammenarbeit ermöglicht? Sie braucht eine Kombination aus genügend gesammelten Informationen und einer klaren Entscheidungskompetenz. Auf diese Weise kann sie in sieben Schritten eine Lösung finden, mit der nach einer gewissen Umstellungszeit die meisten zufrieden sein werden.

1. Sie erklärt den Mitarbeiterinnen die einzelnen Schritte und den zeitlichen Ablauf.

2. Sie sammelt Informationen zu den folgenden Fragen:

  • Was sind die räumlichen, technischen, wirtschaftlichen Voraussetzungen?
  • Wer sollte neben wem arbeiten, um die Abläufe zu erleichtern?
  • Wer sollte von wem welche Informationen auf kurzem Weg bekommen?
  • Wer arbeitet gerne mit wem zusammen?
  • Wer hat welche Bedürfnisse? (Ruhe, Wärme, frische Luft, Licht etc.)
  • Wer hat welche Verdienste in der Vergangenheit geleistet?
  • Wer gehört wie lange dazu?
  • Wer hat in der Vergangenheit worauf verzichtet?
  • Wer hat großes Potenzial für die Zukunft?
  • Wer ist wie viele Stunden anwesend?

3. Sie teilt den Mitarbeiterinnen die Rahmenbedingungen und schon getroffene Entscheidungen mit und moderiert ein Gespräch über Ideen und Vorschläge mit allen Mitarbeiterinnen.

4. Sie wägt ab und entscheidet, wer wo mit wem sitzen wird.

5. Sie teilt die Entscheidung mündlich mit und begründet sie anhand der Kriterien, die sie verwendet hat.

6. Sie hört sich die Meinung der Mitarbeiterinnen an. Dabei muss sie die Unzufriedenheit von einzelnen Mitarbeiterinnen aushalten können.

7. Sie sollte Entscheidungen ändern, falls neue Tatsachen auftauchen.

 

Klare Rollenabgrenzung

Die Teamleiterin hat bei der Lösung dieses Problems drei Rollen:

  • Moderatorin: Als Moderatorin bringt sie einen Austausch von Meinungen, Argumenten und Sichtweisen in Gang, der dazu dient, Lösungsmöglichkeiten zu gewinnen.
  • Entscheiderin: Als Entscheiderin wägt sie alle Vor- und Nachteile ab und wählt die Lösung aus, die sie für die beste hält.
  • Führungskraft: Als Führungskraft macht sie Vorgaben zu den Rahmenbedingungen und zum Ablauf. Sie kann die Situation auch bewusst nutzen, um Mitarbeiterinnen ihre Anerkennung zu zeigen.

Empfehlenswert ist es, bei der Abwägung ganz stark auf die notwendigen Arbeitsabläufe und Informationswege zu achten. Die meisten Menschen bedenken diese praktische Seite wenig, sondern wollen mit Menschen im selben Raum sitzen, die ihnen sympathisch sind. Die Betonung dieser arbeitsbezogenen Aspekte hat auch den Vorteil, dass weniger Platz für den Wettbewerb um Beliebtheit ist. Für die Leistungen, die am Arbeitsplatz erbracht werden, ist es wichtig, dass die Zusammenarbeit auch dann klappt, wenn man sich nicht sympathisch findet.

 

Kein Platz für Neid – Vermeidung von Konflikten

Je besser es einer Führungskraft gelingt, einem solchen Ablauf zu folgen, desto weniger Platz ist für Streit und Unzufriedenheit. Denn Neid entsteht dort, wo niemand das Gespräch führt, die Informationen sortiert und letztlich die Entscheidung trägt. Die Teamleiterin erkannte, dass ihr Verhalten die Ursache der Konflikte war, und zog die Verantwortung wieder an sich. Nicht alle fanden ihre Entscheidung fair, aber sie wusste, dass diese Klagen besser waren als lange schwelende Konflikte zwischen den Mitarbeiterinnen.

 

Autor: Mag. Alfred Faustenhammer

 

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